Corona-Psychologie 2: Wir halten uns an Normen
Warum halten sich viele, aber nicht alle an die Corona-Regeln?
Es kann auch ein unattraktives Verhalten – wir gehen nicht ins Grüne, sondern bleiben zu Hause – plötzlich attraktiv werden, wenn es auch von wichtigen Modellpersonen ausgeübt wird, an denen sich Menschen orientieren. Man will von diesen Personen Anerkennung bekommen bzw. sein Gesicht nicht verlieren. Wenn alle zu Hause bleiben, die man kennt, dann fällt es leichter, nicht aus der Reihe zu tanzen und sich an die Gruppennorm zu halten. Die Eltern von Kindern und die vielen Videoclips von Stars für unterschiedliche Zielgruppen, die derzeit zum Durchhalten aufrufen, sind solche Modellpersonen.
Das Umgekehrte gilt natürlich auch: Wenn der eigene Freundeskreis Corona-Partys feiert und dies zur Norm erhebt, ist man als Verweigerer uncool. Hier bekommen die Mitglieder ihrer Gruppe dann Bestätigung, wenn sie sich an kollektive Normen eben nicht anpassen. Das soziale Feedback und soziale Normen bestimmen also ganz wesentlich, was wir tun und was wir lassen.
Regierungsmitglieder und Fachleute agieren auch als Modellpersonen
Die Aufrufe zum Daheimbleiben, Hände waschen und Abstand halten kommen zuerst von der Regierung und von Expert/innen. Wenn diese also täglich aus dem TV-Schirm blicken – schon länger mit Desinfektionsmitteln, jetzt mit Schutzmasken – und uns eindringlich um bestimmte Verhaltensweisen bitten, hat das auf unsere Einstellungen hohe Wirkung. In Interviews von Menschen auf der Straße ist zu hören: „Wenn das die Regierung sagt, wird es schon wichtig und richtig sein.“ Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass den Regierenden Vertrauen geschenkt wird, weil die Eindringlichkeit der Situation so besonders ist, laufend transparente Berichterstattung erfolgt und sehr viele Experten und Expertinnen mit immer den gleichen Aussagen und Verhaltensweisen zu hören und sehen sind.
Zweifler und Skeptiker bestätigen sich ebenfalls untereinander
Trotzdem gibt es aber auch die grundsätzlichen Zweifler bis hin zu Verschwörungstheoretikern, die etwas „Offizielles“ wenig glauben und stets meinen, ihre Erklärungen abseits von objektiven, fachlich argumentierten Positionen zu finden. Sie folgen Vermutungen und Theorien aus dem Untergrund und eingeschworenen Zirkeln. Aber auch dort gelten soziale Normen und Filterblasen, in denen die Mitglieder einer solchen Blase sich gegenseitig in ihren Einstellungen, Überzeugungen und Verhaltensweisen bestätigen.
Was ist die Schlussfolgerung daraus?
Menschen orientieren sich an Ihrem sozialen Umfeld. Deren Normen und Regeln dienen als Orientierung. Wenn man also verschiedene Zielgruppen erreichen möchte, muss man die verschiedenen Normen und Regeln dieser Gruppen und deren Kommunikationswege kennen und in die Informations- und Kommunikationsarbeit einbeziehen.
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